Wisst ihr noch, wie es früher war mit dem Fotografieren? Als es noch keine Digitalkameras mit Bildschirm und Speicherkarte gab, sondern die analoge Fotografie völlig normal war. Mit den klobigen, schweren Fotoapparaten mit dem Film zum Einlegen und dem Sucher, wegen dem man immer die Augen zusammengekniffen hat? Wie das war, wenn man knipst und knipst und knipst. Dann das Surren hört, die Kamera am Ohr. Der Film wird gespult, viele Herzmomente werden sicher verwahrt in einem kleinen Plastikzylinder, um schon bald ans Tageslicht geholt zu werden. Ich bin damals immer in den Drogeriemarkt im Ort gegangen, habe die Filmrolle in die Papiertüte gesteckt und den Abholabschnitt gehütet wie einen Schatz. Das Warten war das Schlimmste: fünf Tage, sechs Tage, eine Woche. Und dann? Dieser eine Moment, das Öffnen der Fototasche. Enttäuschung oder Euphorie?
Meine analogen Lieblingsstücke
Vor ein paar Jahren habe ich diesen Moment wiederentdeckt. Habe mir bei eBay für einen Euro eine analoge Kamera gekauft. Habe die alte Spiegelreflexkamera meines Vaters in Beschlag genommen. Welch großartige Bilder kamen dabei heraus! Von Partynächten und Grillabenden, von Festivaltagen und Weinfesten. Immer dabei: ein Hauch Nostalgie.
Den beiden Kameras folgte eine Diana Mini F von Lomo (Hipster Kamera Nummer eins). Ich knipste weiter, knipste Filme voll und vergaß immer mal wieder einen davon abzugeben. Wegen Unfähigkeit meinerseits waren einige davon einfach schwarz – der Frust wuchs. Mit der Technik selbst habe ich mich auch nicht wirklich beschäftigt. Brennweite, Belichtungszeit, Blende? Keine Ahnung! Daran, selbst meine Filme zu entwickeln, dachte ich nicht einmal (und tue ich auch heute nicht und hoffe weiter auf den Drogeriemarkt meines Vertrauens).
Analoge Fotografie: Zurück in die Zukunft
Seit ein paar Monaten knipse ich gelegentlich wieder mit der alten Kamera meines Vaters oder auch mit den (gar nicht mal so) billigen Einwegkameras aus dem Drogeriemarkt. Nicht im Alltag und spontan, sondern mit Vorsatz, auf Entdeckungstouren und Reisen. Gelegentlich – das heißt, es werden ein paar Bilder gemacht, dann wird die Kamera weggepackt. Bis zur nächsten Gelegenheit. Deshalb kann so ein Film auch mal ein paar Monate in der Kamera darauf warten, endlich mit Momenten gefüllt und mit Augenblicken belichtet zu werden. Doch dann ist die Vorfreude noch größer, die Aufregung, wenn man die Filmrolle in die Papiertasche steckt, den Abholschein wie einen Schatz hütet.
Von dem Surren des Films, dem einzigartigen Moment
Wann hat das angefangen, dass sich Omis Digitalkameras zugelegt haben (meine übrigens auch)? Dass ich zu den alten Modellen greife, meine Oma die neuesten Kameras bevorzugt? Dass es zur allgemeinen Erheitung einer Festgesellschaft beiträgt, wenn das Surren des automatisch weitergespulten Films die Stille durchbricht? Dass man für neue Filme in den Fotoladen statt in die Drogerie gehen muss? Dass man Fotos zu tausenden auf dem Handy knipst, speichert und hortet, aber nur die wenigsten tatsächlich ausdruckt, einklebt oder aufhängt? So einfach und schön es ist, sollten nicht die wenige Fotos besonders sein? Sollten nicht Bilder immer etwas magisches sein, einen einzigartigen Moment einfangen und für immer auf Papier gefangen festgehalten werden statt als Massenware auf elektronischen Speichermedien rumzuliegen?
Für mehr magische Nostalgie
Ich bin selbst ein Foto-Junkie, der am liebsten jeden Moment mit dem iPhone knipst und manchmal viel zu schnell am Auslöser hängt, statt den Moment zu genießen (gut zu beobachten auf meinem Instagram-Profil). Das analoge Fotografieren bringt ein bisschen Ruhe in die Schnelllebigkeit der Fotos und des wilden Online-Postens, bringt einen Hauch Magie in die Bilder. Sie zeigt, dass das spontan geknipste Bild oftmals so mehr ist, als eines von 10 Bildern einer Serie. Dass der Moment manchmal magischer ist als die Kopie auf dem Bildschirm. Und dass ein normales Foto durch den analogen Schleier mehr werden kann als nur ein normales Foto.
Manchmal ist die Tradition, das Altbekannte, das Nostalgische, das Einfache genau das, was man aus den Augen verliert oder gar vergisst. Ein wunderbarer Gegenpol zum schnellen Alltag und die Bodenhaftung bei solch großartigen Dingen wie Veränderung und Fortschritt, ein Rückhalt in der schnelllebigen Welt, eine Rückbesinnung. Sprechen wir eigentlich noch über analoge Fotografie?
Ich knipse jedenfalls laienhaft und frohgemut weiter mit Einweg-, Sofortbild- oder Analogkamera. Für mehr Nostalgie und Magie im (Fotografie-) Leben.