Ein paar Perlen der letzten Wochen kurz und knackig zusammengefasst, von links nach rechts, wobei die rechte Hälfte einen Hauch mehr Aufmerksamkeit verdient:
Das Phantom des Alexander Wolf – Gaito Gasdanow
Um dieses Buch bin ich schon eine ganze Weile herum geschlichen, bis es mir in der wunderbaren, in Leinen gebundenen Ausgabe der Büchergilde Gutenberg in die Hand gefallen ist – dann war es mein. Und obwohl ich kein Kenner der russischen Exilliteratur im Allgemeinen bin und demnach keinen Vergleich mit ähnlichen Werken anstellen kann, so kann ich dennoch sagen, dass dieses Werk eben genannter Gattung einfach herrlich zu lesen ist. Alexander Wolf ist nicht nur laut dem Titel ein Phantom, sondern auch inhaltlich und sprachlich als solches dargestellt. Trotz der recht einfach gestrickten Handlung – gespickt mit vielen interessanten Momenten – ist dieses Buch purer Lesegenuss. Ein Zitat aus dem Nachwort der Übersetzerin trifft den Nagel eigentlich auf den Kopf: „Die Magie seiner meditativen, weit schwingenden Satzbögen im Phantom des Alexander Wolf kann man sich kaum entziehen. Aber als wollte der Autor allzuviel Schönheit vermeiden oder allzuviel Seelenentblößung verhindern, wird der Leser durch spröde, frostig bürokratische Einsprengsel immer wieder dem Sog der Syntax entrissen. Selbst die Sprache ist geprägt von der Disharmonie dieser Welt.“
Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm – Selja Ahava
Um das Buch in wenigen Worten zu beschreiben: Es ist dunkel, leise, zart, melancholisch, beklemmend, berührend, verwirrend, auf ganz eigene Art und Weise herzlich. Nordisch eben. Die Stimmung erinnert an Sofi Oksanens „Fegefeuer“, das ich gerne gelesen habe. Ein Buch über Vergangenheit, Vergessen, die Zeit. Zum lesenwerten Inhalt kommt dann noch das wundervolle Cover hinzu und der Lesetipp ist komplett.
Das Erwachen der Señorita Prim – Natalia Sanmartin Fenollera
Dieses Buch habe ich für meinen Kroatien-Urlaub eingepackt – unwissend, was für ein Schatz sich in meinen Rucksack verirrt hatte. Ein Roman voller Poesie, getragen von der ganz zauberhaften Protagonistin Prudencia Prim, der von einem ganz besonderen Ort, voller besonderer Menschen erzählt. Man erforscht dieses Buch, so wie Prudencia ihre neue Heimat erforscht, und ist am Ende genauso hingerissen wie sie. Schlagwörter: Poesievoll, hinreißend, wundervoll, zauberhaft. Lesen!
Das Haus des Windes – Louise Erdrich
Louise Erdrich und ihre Geschichten liegen mir seit einem wunderbaren Literaturseminar während meines Auslandssemesters in Tallinn besonders am Herzen – drei Bücher habe ich bereits gelesen und auch ihr neuestes Werk hat mich wieder mehr als nur überzeugen können. Die Mischung aus einem Hauch von indianischen Zauber, der wundervollen Wortwahl (ein Lob auch an die Übersetzerin!) und dem Einfühlungsvermögen der Autorin macht das Buch in meinen Augen zu etwas ganz besonderem. Es erzählt vom Erwachsen Werden, Freundschaft, kulturellem Erbe, erster Liebe, Familienbanden und so viel mehr, das zwischen den Zeilen herausgelesen werden kann. Dieses Buch ist ein Buch zum Nachdenken und Verweilen – nicht zum schnell Verschlingen und Weitermachen. Ich kann euch nur empfehlen: Lest Louise Erdrich – auch wenn ihr mit Native Americans eigentlich nichts am Hut habt!
Ich bin sehr gespannt, welche Schätze diesen Sommer noch auf mich warten.