Der Diogenes Verlag ist bekannt für gute Literatur, schlichte Cover und fancy Postkarten. Vielleicht sollte er auch bekannt für Titel mit nur einem Wort werden. Drei kurz und knackig betitelte Neuerscheinungen aus dem Diogenes Verlag 2018 durfte ich bereits lesen: Der neue Roman von Bernhard Schlink sorgte schon im Januar für zahlreiche Besprechungen im Feuilleton (zum Beispiel im Spiegel und in der FAZ), das Erstlingswerk „Leinsee“ von Anne Reinecke erschien am 28. Februar und Anthony McCartens neuester literarischer Schachzug „Jack“ ebenso. Ein paar mehr Worte darüber könnt ihr hier lesen:
„Olga“ von Bernhard Schlink
Von Bernhard Schlink habe ich bisher nur den allseits bekannten Roman „Der Vorleser“ gelesen und kann mich zugegebenermaßen mehr an den Film als an das Buch erinnern. Bei „Olga“ ist der Titel Programm. Es geht um Olga, die Ende des 19. Jahrhunderts geboren wird und in den 70ern Jahren stirbt. Was dazwischen aber auch danach geschieht, wird im Roman durch verschiedene Erzähler geschildert. Olga ist als Hauptperson durchaus sympathisch, wenn auch an manchen Stellen womöglich etwas zu idealistisch. Perspektivwechsel machen die Geschichte spannend, selbst über mehr als 100 Jahre Handlung vor historischem Hintergrund wurde mir beim Lesen nicht langweilig. Die klare, aber dennoch emotionale Sprache tat ihr übriges, dass ich das Buch sehr schnell und auch gern gelesen habe – auch, wenn man anhand mancher Formulierungen merkt, dass der Autor einem älteren Semester angehört.
„Leinsee“ von Anne Reinecke
Ich mag es sehr, Debütromane zu lesen und so noch unbekannte Autoren zu entdecken – vor allem, wenn es gute Debütromane sind, wie der von Anne Reinecke. Wenn man die Handlung allein betrachtet, ist sie zugegebenermaßen etwas skurril. Angesiedelt ist der Roman in der exzentrischen Kunstszene, der Leser steigt direkt nach dem Selbstmord von Karls Vater ein. Karl, die Hauptperson, entwickelt in dessen Folge jeweils recht spezielle Beziehungen zu den drei Frauen in seinem Leben (Freundin, Mutter, Nachbarsmädchen). Auch deshalb macht er von der ersten bis zur letzten Buchseite so ziemlich jede Gefühlslage durch, die man sich nur vorstellen kann.
Genau das schildert Anne Reinecke sehr intensiv. Nur ein Beispiel dafür: Die Kapitelüberschriften, die von Plastikschildkrötengrün bis Universumsblau so ziemlich das gesamte Farbspektrum abdecken. Zwischen Handlung und Erzählweise entsteht so eine bestimmte Spannung, einfühlsam und hart zugleich, die mich als Leser das Buch nicht aus der Hand legen ließ. Mag ich!
„Jack“ von Anthony McCarten
Jack Kerouac ist der Inbegriff der Beat Generation, von Drogen- und Alkoholexzessen, von Roadtrips und Rastlosigkeit. Anthony McCarten wählt jedoch nicht seine legendären Jahre als Stoff für seinen Roman, die Geschichte setzt später ein. Jack Kerouac lebt mit seiner dritten Frau und seiner Mutter in Florida, ist nur noch ein Abbild seiner selbst, vom Alkohol zerfressen und tief in der Krise. Zu diesem Zeitpunkt taucht Studentin Jan an seiner Tür auf – mit dem festen Vorhaben, seine erste Biografie zu schreiben.
Allein das klingt für mich schon recht gut. Dass ich von „Jack“ dann sogar wirklich noch überrascht werde – und das gleich doppelt – hat das Buch dann erst recht lesenswert gemacht. Spannend und flüssig zu lesen und dabei auch noch unterhaltsam. Das Hirn braucht man dafür aber trotzdem – solche Bücher mag ich sehr! „Jack“ gehört für mich definitiv zu dieser Kategorie und ist von den drei hier vorgestellten Titeln sogar mein Liebling.