Es ist wieder einmal Zeit für einen Schwung Buchtipps. In den letzten Wochen waren nämlich nicht nur ein paar eher nichtssagende Bücher unter meiner Lektüre, sondern auch einige Schätze. Und da ich lieber über gute als über schlechte Bücher spreche, gibt es hier ein paar Empfehlungen quer durchs Bücherregal. Einige der Titel sind frisch erschienen, einige haben schon ein paar Jahre auf dem Buckel, es sind Erzählungen dabei und eine Art Gedichtband. Doch eines haben sie gemein: Sie sind gut.
„Das Marillenmädchen“ von Beate Teresa Hanika
Dieser Roman war ein zufälliger Glücksgriff in der ganz wunderbaren Bahnhofsbuchhandlung Ludwig in Leipzig. Ich las die erste Seite und war gleich mitten in der Geschichte. Also: Zack, gekauft! Und das war die richtige Entscheidung, denn „Das Marillenmädchen“ ist wirklich lesenswert. Die Autorin, die sonst eigentlich Kinder- und Jugendbücher verfasst, lässt hier eine Überlebende des Holocausts sprechen und erzählt so eindringlich und dabei doch mit einer gewissen Distanz. Diese Art des Erzählens macht den Roman so bewegend und gleichzeitig die Hauptfigur Elisabetta so authentisch. Hier ist Verlust, Trauer und Erinnerung verpackt in fast poetischer Sprache. Klare Empfehlung!
„milk and honey“ von Rupi Kaur
Bei Instagram bin ich hin und wieder über dieses entzückend schlichte Cover gestolpert, richtig Interesse geweckt hat dann die persönliche Empfehlung einer Buchhändlerin im Pocketshop am Berliner Flughafen. Ich habe „milk and honey“ gekauft, gelesen, zugeklappt und gleich noch einmal gelesen. Die Gedichte stehen nicht nur für sich, sie erzählen auch eine Geschichte. Zugegeben, manch einer mag die Gedichte als kitschig bezeichnen und er hat damit aus einer bestimmten Sicht auch recht. Ich mag es, wie die wenigen Zeilen so viel Emotion vermitteln, die Zeichnungen der Autorin zwischendurch die Texte noch unterstreichen und mit wenigen Worten eine so umfassende Geschichte erzählt wird. Und ein paar der Gedichte treffen auch ohne den großen Zusammenhang einfach direkt ins Schwarze.
„Etwas bleibt immer“ von Edgar Rai
Edgar Rais Roman war nicht ganz das, was ich erwartete. Obwohl ich vorgewarnt war, dass es kein typischer (Sommer-) Roman sei, war ich dennoch überrascht. Es sticht dabei nicht nur die Erzählweise heraus (der Autor schreibt in der 2. Person), auch die Geschichte ist besonders: Die Welt der Schönen und Reichen, das idyllische Exil, die Ruhezone wird auf dramatische Weise zum Schauplatz der Probleme des Housekeepers. Ohne dabei zu viel verraten zu wollen: Schlussendlich macht auch die Erzählform sehr viel Sinn. Dieser Roman ist anders und das ist gut. Und gut geschrieben ist er auch.
„Immer noch New York“ von Lily Brett
Ich bin kein Freund von Erzählungen. Eigentlich. Doch da ich derzeit mal wieder ein New York-Fernweh-Tief habe, griff ich zu Lily Bretts zweitem Buch mit Erzählungen, die durch das alltägliche Leben im Big Apple inspiriert wurden. In „Immer noch New York“ finden sich sehr persönliche Anekdoten, Erinnerungen, ein paar Tipps, denen ich beim nächsten Besuch in der Traumstadt versuche nachzukommen, und vor allem sehr viel Humor und Selbstironie. Wem der Sinn nach erfrischender Lektüre mit Großstadt-Flair steht, der kann hier getrost zugreifen! Ich freue mich jetzt auf „Chuzpe“, das hier schon auf dem Lesestapel liegt.
„Realitätsgewitter“ von Julia Zange
Von der ersten Seite an hat mich Julia Zanges Roman vor allem sprachlich beeindruckt. Eselsohren und Markierungen finden sich jetzt auf sehr vielen der knapp 160 Seiten. Zugegeben, das Setting muss man mögen: Eine junge Frau in den 20ern ohne Job aber mit 1500 Facebook-Freunden lebt sich durch die Berliner Kreativen-Szene – immer umringt von Menschen, aber trotzdem allein, traurig und auch ein wenig selbstmitleidig. Ich mag es gern oder sehe wegen der grandiosen Schreibe gern darüber hinweg, es gibt aber sicherlich Leser, die die Protagonistin unsympathisch und eher nervig finden. Dennoch: Wenn die Leseprobe gefällt, gefällt auch das Buch!
„Wir haben Raketen geangelt“ von Karen Köhler
Eigentlich muss man die Erzählungen von Karen Köhler (auf dem Bild in der Büchergilde-Ausgabe) nicht noch einmal lobend erwähnen, oder? Doch! Denn gute Bücher kann man nicht oft genug empfehlen. Und dieses hier gehört eindeutig zu den guten Büchern. Die Geschichten sind sonderbar, genau wie die Protagonisten, sie sind bewegend, sie sind zart und sie hinterlassen Eindruck. Die Sprache ist stellenweise verspielt, bildreich, und doch klar. Sie nimmt den Leser mit in viele kleine Welten, in neun Geschichten. Meine Lieblingsgeschichte: Polarkreis.