Von Juni bis September habe ich weniger Bücher gelesen, als ich es von mir im Sommer gewohnt bin. Ein paar Romane sind es dennoch geworden und über vier davon möchte ich an dieser Stelle noch ein paar Worte verlieren und euch vier gute Bücher in Kürze vorstellen. Man würde sie vielleicht nicht allgemein als Sommerromane bezeichnen, für mich waren sie aber genau das: meine Sommerromane 2018.
Fische von Melissa Broder
Ich bin ehrlich: „Fische“ von Melissa Broder hätte ich wahrscheinlich nicht selbst gekauft (in die Hand genommen schon, denn das Cover ist großartig). Ich bin dem Ullstein Verlag für die Zusendung also wirklich sehr dankbar, denn ein Buch wie dieses habe ich noch nie gelesen.
Es geht um Lucy, die mit 38 Jahren plötzlich wieder Single ist – verlassen von einem Freund, mit dem sie eh nicht alt werden wollte und dennoch im absoluten Chaos. Es geht um Erwartungen, um Sex (mit einem Fischmann) und Lust, um psychische Abhängigkeiten, um den Irrsinn des Datings und der Liebe. Abgedreht ist das Buch in jedem Fall (Stichwort: Fischmann!) aber genau das machte es für mich in jedem Fall lesenswert.
Kinder des Zufalls von Astrid Rosenfeld
Als großer Astrid Rosenfeld-Fan hat mein Herz einen kleinen Sprung gemacht als ich Buchpost vom Kampa Verlag aus dem Briefkasten zog und ihr neuer Roman „Kinder des Zufalls“ darin war. Obwohl die Vorfreude riesig war, habe ich ein wenig gebraucht, um in die Geschichte hineinzufinden. Es werden verschiedene Handlungsstränge begonnen und die Verbindung derer habe ich nicht gleich durchschaut. Doch je weiter ich las, desto mehr wurde ich verstrickt in die Geschichten, in die Zufälle, die Maxwell und Elisabeth schließlich zusammenführen.
Das Setting war nicht an jeder Stelle meins: zu viele Cowboys, zu viele harte, trinkende Männer, zu viel harte, raue Natur. Auch die Figuren blieben mir letztendlich immer ein wenig fremd, sie waren immer ein wenig auf Abstand. Lesenswert ist „Kinder des Zufalls“ also in jedem Fall. An die Vorgänger reicht es für mich jedoch nicht ganz heran.
Der Gott jenes Sommers von Ralf Rothmann
Fernab vom eigentlichen Schlachtfeld erlebt die zwölfjährige Luisa die letzten Monate des 2. Weltkriegs. Die Brutalität des Krieges, die grausamen Wahrheiten dringen nur nach und nach in ihre heil gemalte Welt vor – und erreichen sie schlussendlich doch mit unverblümter Härte.
Ralf Rothmanns „Im Frühling sterben“ war 2015 eines meiner Lesehighlights. Den neuen Roman musste ich also sowieso unbedingt lesen. Die Diskussion in der Facebook-Gruppe des Suhrkamp Verlags war demnach nur zusätzliche Motivation, ihn auch wirklich gleich aufzuschlagen. „Der Gott jenes Sommers“ konnte mich dann leider nicht ganz so sehr begeistern wie der Vorgänger – vielleicht waren die Erwartungen hier dann doch einfach zu hoch. Ein gutes Buch ist es in meinen Augen jedoch zweifelsohne trotzdem.
Mein italienischer Vater von Anika Landsteiner
Italien ist derzeit ein so starker Trend in der Literatur, dass man fast schon wieder genervt sein könnte. Anika Landsteiners Roman war ein gutes Jahr nach ihrem ersten Buch „Gehen, um zu bleiben“ dennoch Pflichtlektüre für mich. Überrascht hat mich „Mein italienischer Vater“ dann gleich zu Beginn: Man liest keinen Roadtrip-Roman im sommerlichen Italien, sondern eine Familiengeschichte, die im winterlichen Süditalien spielt.
Mit viel Liebe zum Detail und genauso viel Sprachgewandtheit schaffte es Ani, dass ich die Protagonistin Laura sofort ins Herz geschlossen habe. Auf der Suche nach sich selbst und aus einer Art Fluchtreflex vor den Problemen im heimatlichen München fährt sie auf den Gargano zu ihrem Vater, zu dem sie seit Jahren nur sporadisch Kontakt hat. Die Atmosphäre, die im Buch herrscht, die Vertrautheit mit der ganzen italienischen Sippe, mit der Gegend – man hat das Gefühl, man ist mitten drin in der Geschichte und in Lauras womöglich neuem Leben. Ein wunderbares Buch.
Was lernen wir daraus? Nach unglaublich begeisternden Büchern noch einmal einen beeindruckenden Roman nachzulegen ist nicht einfach, aber möglich. Ich werde auf jeden Fall nicht aufhören, Rothmann und Rosenfeld zu lesen – und Anika Landsteiner auch nicht. Und von Melissa Broder kommt hoffentlich auch Nachschub! Aber jetzt sind statt der Sommerromane erst einmal andere Autoren aus meinem überdimensionalen Lesestapel für den Herbst dran. Let’s do this.